Studienreise Rhonetal 16. - 19.9.1999:

Do. 16.9. Ankunft mit leichter Verspätung um ca. 20 Uhr am Flughafen Lyon, Weiterfahrt nach Condrieu zum Hotel und Restaurant Beau Rivage. Traditionelles Menu des Hauses mit unterschiedlicher Wahl bei den einzelnen Gängen, Hauptgang jedoch bei allen Lamm. Qualität des Essens gerade noch ok, aber abgesehen von einem besonders guten Käse (weicher Blauschimmel) entsteht keine Begeisterung. Zum Trinken gab es einen 1978er La Chapelle von Jaboulet (in Würde gealtert, sehr feines Bouquet, eher hell durchsichtig mit leichtem Braunton, im Geschmack angenehm), einen 1983er La Ladonne von Guigal (in der Erscheinung noch recht jung, Bouquet etwas beerig und im Geschmack leider sehr unausgewogen – entweder war der Jahrgang nicht sehr gut oder der Wein ist auseinandergefallen) und weiters einen La Ladonne von Rostaing 1994, der im Vergleich zu den alten Weinen ordinär und wenig ausdrucksvoll erschien. Das Service war eher mangelhaft. Höhepunkt: Der letzte Wein wurde geöffnet und dann ist der Kellner ohne Rückkehr einfach verschwunden. Gesamtwertung: Essen mittelmäßig, Service schlecht, überhöhte Preise – nicht empfehlenswert.

Fr. 17.9. Nach frühem Aufstehen der Hälfte der Teilnehmer treten bei einem Viertel der Teilnehmer Nachwirkungen aufgrund der in der Menüfolge zusätzlich zu den Rotweinen getrunkenen Schaum- und Weißweinen auf. Besichtigung der Weingärten von Condrieu: Die Weinernte beginnt gerade, obwohl die Trauben nicht sehr reif ausschauen. Der massive Einsatz von Spritzmitteln ist unübersehbar und diverse Degenerationen (Nußbaum krank, Hagebutten verkümmert, Brombeeren grauenhaft im Geschmack) vermitteln den Eindruck einer nicht ganz gesunden Vegetation. Das läßt den Vorsatz aufkommen, Weine dieser Appelation in Zukunft eher zu vermeiden.


Lagebesprechung in neutraler Umgebung

Kurze Fahrt zurück nach Ampuis in das Cote Rotie Gebiet mit Halt bei Guigal – unfreundlicher Empfang und keine Lagenweine zu kaufen, das macht Freude. Abstecher in die überwiegend sehr steilen Weingärten mit kurzem Spaziergang. Die Weinstöcke sind hochgezogen, die Trauben jedoch stark ausgedünnt - pro Stock nur zwei bis drei Trauben dicht über dem Boden, alle anderen sind abgeschnitten. Im Vergleich zu Condrieu scheint wenig Chemie im Einsatz zu sein.

Dann Fahrt über Tain Hermitage zum nächsten Hotel und Restaurant Michel Chabran in Pont de l’Isère. Am Nachmittag Stadtbesichtigung Tain Hermitage, Besuche bei Chapoutier und Jaboulet samt Einkauf von Weinen und eine aufgrund der Hitze etwas anstrengende Wanderung in den Weinbergen mit Ziel La Chapelle.


La Chapelle

Die Weingärten von Chapoutier wirken extrem gesund, obwohl (oder weil) sie biologisch bewirtschaftet werden – d.h. es wird nicht gespritzt, nicht gedüngt und zwischen den Weinstöcken wächst teilweise das Unkraut. Die Weinstöcke sind wie in Cote Rotie eher hochgezogen und wieder stark ausgedünnt, die verbliebenen Trauben dicht über dem Boden. Die Trauben wirken sehr reif und sind sehr süß – wenn das Wetter weiter paßt, könnte das wieder ein gutes Jahr werden. In einigen Lagen wird auch hier bereits mit der Ernte begonnen. Sicher eine mühsame Sache, da aufgrund der Steilheit der Lagen alles händisch abläuft.



Mitarbeiter des Instituts unmittelbar vor Ihrer Prüfungsabeit in den Weinbergen

Am Abend dreigängiges Wahlmenü (z.B. Ententerrine, gebratenes Perlhuhn, Creme brulée) plus Käse bei Chabran. Das Essen ist wirklich exzellent, die Soßen sind außergewöhnlich und die sonstigen Zutaten sehr kreativ. Zum Trinken ein 94er Hermitage Pavillion und ein 94er Cote Rotie Mordorée (eigentlich sollte es der 95er sein, aber ein Teilnehmer hat leider das Etikett nicht genau genug geprüft, daher haben wir das übersehen) von Chapoutier. Der Pavillion ist noch sehr jung und ungestüm, aber ein schöner und vor allem wärmender Wein. Der Mordorée ist etwas glatter und kühler, aber sehr gut ausgewogen und wird als der bessere Wein beurteilt. In der Euphorie werden gleich einige Flaschen zum Mitnehmen bestellt, da noch dazu der Preis im Vergleich zum Direktkauf bei Chapoutier ausgesprochen günstig scheint. Gesamt-eindruck: Essen exzellent, Weine ok, Service freundlich inkompetent, hohe Preise, empfehlenswert.

Sa. 18.9. Nach frühem Aufstehen der Hälfte der Teilnehmer diesmal generell keine Nachwirkungen, wohl auch wegen des weisen Verzichtes eines Viertels der Teilnehmer auf Champagner und Weißwein als Menüeinstieg und Anfangsbegleiter zum Essen. Nach Frühstück bei Sonnenschein im Garten (mit wunderbaren selbstgemachten Marmeladen) Morgenspaziergang in der eher flachen Gegend (das Rhonetal ist hier schon sehr breit) und dann Abfahrt Richtung Chateauneuf du Pape. Beim Auschecken wird der Irrtum mit dem Jahrgang des Mordorée offenkundig – die Sache endet damit, daß ein vermeintliches Schnäppchen (großer Wein zum günstigen Preis) zum ungünstigen Kauf (nicht so großer Wein zum überhöhten Preis) wird. Während der Fahrt werden Theorien entwickelt, daß dieses Ergebnis das Resultat eines mehrstufigen komplizierten Plans des Weinkellners war, dem wir hilflos ausgeliefert waren, indem gezielt Schwächen der Teilnehmer wie Fehlsichtigkeit und Naivität genutzt wurden.


Strategiebesprechung für den kommenden harten Tag

Bei Ankunft in Chateauneuf du Pape gleich Anruf bei Chabran unter dem Vorwand eines vergessenen Handy‘s zwecks Reservierung für Mittag des kommenden Tages, um den 95er Mordorée doch nocht verkosten zu können – die gute Küche spielte da natürlich auch eine Rolle. Dann kurze Stadtbesichtigung mit Weineinkäufen (unter anderem aus Sentimentalität drei Flaschen Vieulles Vignes 97 von Marcoux). Dann Fahrt ins Hotel/Restaurant Hostellerie de Varenne in Sauveterre (ca. 10 km außerhalb von Chateauneuf du Pape) – zuerst geht es durch die Weingärten rund um Chateauneuf du Pape, die ebenfalls einen sehr vitalen und gesunden Eindruck hinterlassen. Die Weinstöcke sind niedriger als in den Hermitage und Cote Rotie Lagen, die Trauben sind wieder nur tief unten an den Stöcken direkt über dem Boden, damit sie viel Strahlungswärme bekommen. Die Weinernte läuft gerade an. Die Hostellerie de Varenne ist ein nettes Herrenhaus aus dem 18. Jahrhundert, bereits leicht dekadent, aber sehr gut geführt.


Der Generalsekretär des Instituts in sichtbar guter Laune

Nach Prüfung der Weinkarte (90er Rayas, 90er Hommage J. Perrin etc. zu höchst moderaten Preisen) wird ein im Chateau Fines Roches reserviertes Abendessen trotz einiger Vorbehalte bezüglich der Küche der Hostellerie de Varenne sofort auf das Restaurant im Haus umdisponiert. Daß wir damit im Haus bleiben und uns umständliche Taxifahrten ersparen konnten, spielte natürlich auch eine Rolle. Danach noch Ausflug nach Tavel zum Weingut Mordorée. Die Cuvée Reine du Bois 96 war natürlich schon ausverkauft – aus Verlegenheit kauften einzelne Teilnehmer einige Flaschen Tavel und Ch. Du Pape 97. Das führt unerwarteterweise zu einem kurzen Besuch im Weinkeller mit Probe des 98er Ch. Du Pape aus dem Faß – das wird wohl ein großer Wein. Nettes Erlebnis. Dann nochmals nach Chateauneuf du Pape in die Vinothek beim Papstpalast zwecks Erwerbs einer Flasche 89er Cuvée de Celèstine von Bonneau für eine zukünftige Verkostung und dann zurück ins Hotel.


Ein Mitglied des Institut bei der selbstlosen Vorbereitung
der kommenden Arbeit im Dienste der Wissenschaft

Das Abendessen war aufgrund der nicht allzuhohen Erwartungen eine erfreulich positive Überaschung, das Menü war höchst in Ordnung. Als Hauptgang wählten wir eine Art Chateaubriand vom Kalb, mit dem wir sehr zufrieden waren. Die Weine waren wie erhofft ebenfalls sehr erfreulich. Der 90er Rayas wird den ohnehin sehr hohen Erwartungen durchaus gerecht (etwas hell im Glas, beeriges Bouquet, voller Geschmack, sehr ausgewogen, wärmender Wein), der 90er Hommage J. Perrin ebenfalls sehr gut, aber im Vergleich überladen und barock, sehr dunkel, im Geschmack fett und etwas geil – der braucht vielleicht noch einige Jahre. Zum Abschluß der 90er Fonsalette Syrah – ein schwarzer Teufel, ebenfalls sehr intensiv, aber mit etwas Säure, daher angenehm zu trinken. Ein listig initiierter Besuch des Weinkellers führt keineswegs zum gewünschten Ergebnis (einige Flaschen Rayas 90 kaufen zu können), ist aber trotzdem ein interessantes Erlebnis. Gesamtwertung: Exzellente Weinkarte, gutes Essen, gutes Service, preisgünstig. Sehr empfehlenswert.

So. 19.9. Nach frühem Aufstehen der Hälfte der Teilnehmer diesmal wieder generell keine Nachwirkungen, wohl auch wieder wegen des konsequenten Verzichtes eines Viertels der Teilnehmer auf Champagner und Weißwein als Menüeinstieg und Anfangsbegleiter zum Essen (daß unter diesem Titel ein guter Teil des Rayas 90 getrunken wurde, ist ein anderes Kapitel). Nach Frühstück (diesmal drinnen wegen mittlerweile schlechten Wetters) wieder mit wunderbaren selbstgemachten Marmeladen Morgenspaziergang in der auch hier eher flachen Gegend (lediglich Chateuneuf du Pape liegt auf einem Hügel, rundherum sonst eher Ebene) und dann Abfahrt Richtung Flughafen Lyon mit Umweg über Avignon. Stadtrundfahrt mit Touristenzug endet mit völliger Durchnässung, weil ein Viertel der Teilnehmer unbedingt erfolgreich ein Erlebnis von Key West (Stadtrundfahrt mit Touristenzug mit völliger Durchnässung) wiederholen wollte. Auf der Rückfahrt nach Lyon Zwischenstop bei Michel Chabran, um Mittags nochmals diese gute Küche geniessen zu können und vor allem den Chapoutier Mordorée 95 (etwas weniger kühl wie der 94er, weniger abgerundet, aber der mächtigere Wein) kosten zu können. Dann mit teilweise schlafenden Wissenschaftlern im Auto Fortsetzung der Rückfahrt zum Flughafen. Dort das übliche Warten auf das verspätete Abfliegen und damit das Ende der äußerst fruchtbaren Exkursion. Gesamtwertung: Mittagessen bestätigt den guten ersten Eindruck.

Teilnehmer: Mag. Kurt Ertlbauer, Dr. Wilfried Knapp, Veit Ludwig, Dr. Burkhard Maier

Genereller Eindruck: Wissenschaftlich höchst eindrucksvolle und ergiebige Studienreise. Sehr gute Organisation durch den Stv. Schriftführer. Wiederholung für andere Weinbauregionen scheint zweckmäßig.

Organisatorisches:

  1. Nächste Verkostung am 15. Oktober. Thema: noch offen.
  2. Generelle Themen für den Herbst: Barolos 89 und 100 Punkte-Weine. Weitere mögliche Themen: Altersmäßig fällige Bordeauxs, Rhone 91/92/93.

1999-09-21/Schriftführer e.h.