17.-20. September 2009: Weinreise Priorat

Heuer war für die Weinreise des Instituts das Priorat angesagt – bei den letzten Verkostungen sind immer wieder Weine aus Spanien an den vordersten Plätzen gelandet und speziell die Weine aus dem Priorat haben uns besonders gut gefallen

 

Do 17.9.

Abflug um 15 Uhr mit der Fluglinie Vueling von Wien nach Barcelona, dort Übernahme des Mietwagens (Citroen C4 Picasso mit ruckeliger Automatik und unbefriedigender Federung) und Fahrt zum Hotel und Restaurant ABaC am Rand von Barcelona. Die Autofahrt dauerte deutlich länger als gedacht, da wir voll in den Stau gerieten. So war nach dem Einchecken nicht mehr all zu viel Zeit für eine Besichtigung von Barcelona, lediglich ein Spaziergang auf den Ramblas ging sich aus, der war aber nicht sehr beeindruckend. Schade, dass nicht mehr möglich war

Nach 21 Uhr dann ins Restaurant zum durchaus ansprechenden Degustationsmenü, auch wenn der Spannungsbogen mit Fortschreiten des Menüs nicht gehalten werden konnte, d.h. die Vorspeisen waren eindeutig die besten Gänge.

Folgende Weine nahmen wir nach einem Glas Champagner bzw. Cava dazu:

 

2007 Clos Mogador, Nelin: etwas fett, in den Aromen sehr an das Rhonetal erinnernd, dezent exotische Frucht – könnte was sein für Jansons Versuchung

 

2006 Mas Martinet, Cami Pesseroles: Mächtig, streng, Spur nüchtern, schöner Wein – erfüllt unsere Erwartungen von einem Priorat Rotwein voll

 

2007 Gratavinum, GV5: Sehr mächtig, sehr jung, etwas grün, dezent laktische Note. Interessanter Wein, aber noch zu jung

 

1851 Müller, Pajarete: Eine Art Likörwein, der im Solera System ausgebaut wird (davon haben wir natürlich nur ein Glas genommen): Karamell pur, Blockmalz. Interessante Spezialität.

 

Zumindest für den Schriftführer war das in Summe des Guten etwas zuviel, was sich am nächsten Tag bemerkbar machen sollte

 

Fr. 18.9.

Wegen der Unpässlichkeit des Schriftführers ein etwas verspäteter Aufbruch - Fahrt mit dem Auto ins Priorat, Fahrzeit ca. 1,5 Stunden. Bevor wir im Hotel einchecken, wollen wir uns gleich einen ersten Eindruck verschaffen und fahren Richtung Porrera, einem im südlichen Priorat gelegenen Winzerdorf. Wie aus den vorher studierten Unterlagen über das Priorat entnommen – sehr kurvige und enge Strasse.

Der Schriftführer saß noch dazu im Auto hinten – bei seinem Zustand war plötzliche Übelkeit die Folge, die einen kurzen Stopp erforderte. Dann übernahm er selbst das Steuer, das ging dann deutlich besser

Ein ersten Eindruck von den Weingärten im Priorat – sehr karg, große Abstände zwischen den Rebstöcken, Rebstöcke sehr kurz, die Trauben berühren fast den Boden. Diese Art von Weingärten, die auf Hängen ohne Terrassen angelegt werden, werden „Costers“ genannt und sind extrem arbeitsintensiv

Die Trauben an den Stöcken sind teilweise schon rosinenartig verschrumpelt, hier wird also wirklich auf Vollreife gesetzt

Nach einem Spaziergang durch das Dorf Porrera (viel ländlicher und gelassener geht’s wohl nimmer) und einem kurzen Stopp beim Café Priorat am Plaza Catalunya ein kurzer Abstecher zur Einsiedelei über dem Ort – von hier aus hat man einen schönen Blick auf das Dorf

Wirken durchaus entspannt, die Herren vom Weininstitut.

 

Nach diesem Abstecher geht es (u.a. vorbei an dem etwas protzigen Winzergebäude von Ferrer I Bobet – schaut aus wie ein Aquarium – samt ebenso protziger Auffahrt) weiter nach Falset, mit 2500 Einwohnern die „große“ Stadt im Priorat und dann weiter nach Capcanes zu unserem Quartier im Hotel La Heredad im Weingut Mas Collet.

 

Die Lage ist ja recht nett, aber unser Erscheinen löst Verwirrung aus, das Haus macht einen desolaten Eindruck, es sind keine Zimmer für uns vorbereitet ...

Nach einer Stunde des vergeblichen Wartens (teilweise an diesem Swimmingpool liegend) geben wir dann auf und suchen uns ein Quartier in Falset. Im dortigen ***-Hotel Hostal Sport bekommen wir problemlos 3 Zimmer. Für uns ohnehin besser, denn für das Abendessen haben wir im Restaurant El Celler de l’Aspic in Falset reserviert.

 

Falset selbst ist als Ort nicht besonders aufregend – eine Kleinstadt halt. Ganz gut sind aber die Vinotheken, hier wird wirklich das Weinangebot aus dem Priorat und dem Montsant weitestgehend abgedeckt. Sogar bei Vin Rancio werden wir fündig. Einige wenige Rotweine, ein paar Weißweine, 2 Flaschen Rancio und 1 Süßwein werden eingekauft. Der Transport erfolgt mittels „Wineskin“ im Gepäck, das eingecheckt wird.

Das Restaurant „El Celler de l’Aspic“ ist als besonders netter Gourmettreff beschrieben, wir finden es allerdings nicht so toll. Das sogenannte Degustationsmenü ist eher dürftig und wird zudem in einem atemberaubenden Tempo serviert. Wir haben das Gefühl, richtiggehend abgefertigt zu werden.

Bei der Weinwahl sind wir auch nicht besonders glücklich, obwohl die Weinkarte durchaus OK ist:

 

2008 Mas d´en Gil, Coma Alta: Nette Nase, wirkt eher leicht - trotz 15%, erstaunlich. Ansonsten wirkt der Wein eher beliebig, wahrscheinlich eine Folge seiner Jugend

 

2006 Ferrer I Bobet, Seleccio Especial: Schwarze Tintn in Optik und Geruch, Geschmack eher streng, ev. leichter Flaschenfehler oder schmeckt der Carignan im Priorat eben so?  Macht jedenfalls keine Freude.

 

Irgendwie fehlt uns auch der Anreiz, andere Weine zu bestellen ... die Stimmung ist etwas lustlos. Diesen Abend hätten wir uns jedenfalls anders vorgestellt.

 

 

Sa 19.9. Beim Frühstück im Hostal Sport stärken wir uns für die kommenden Strapazen. Burkhard ist wegen der schnellen Bewegungen etwas unscharf

Zuerst geht es einmal Richtung Gratallops – kleines Dorf, aber mit sehr vielen Weingütern und auch einer gewissen touristischen Infrastruktur, zumindest laut den vorliegenden Beschreibungen.

 

Die Anlage der Weingärten ist jedenfalls faszinierend. Aufgrund der eher steilen Hänge sind die Abstände zwischen den Terrassen eher groß und die Zahl der Rebstock-Reihen pro Terrasse mit 1-2 sehr gering

Blick ins Land hinter Gratallops – rund herum um den Ort sind größere Weingüter mit moderner Architektur in der Landschaft verstreut

Kurze Rast auf der Terrasse des Hotelrestaurants Cal Llops mitten im Ort. Hier ist angeschrieben, dass das Restaurant am Abend geöffnet hat. Also beschließen wir, dass wir hier Abendessen werden.

 

Für Mittags scheint sich das Restaurant „Celler de Gratallops“ anzubieten, das von Pastrana, dem Besitzer des Weinguts „Clos  de l’Obac“ betrieben wird

Weiter durch die Weinberge nach Torroja del Priorat – wenn das keine Kulisse für einen Zorro-Film ist ....

Hier hat sich das Weingut „Trio Infernal“ verewigt – in dem graubraunen Dreieck ist mit etwas Phantasie der Schriftzug durch entsprechend gesetzte Weinreben zu erkennen.

 

Den ältesten Winzer des Priorats, den 87 jährigen Jaume Sabathé haben wir leider nicht gefunden (seine Weine sind zwar nicht sehr gut, aber sehr traditionell und rustikal, außerdem hat er einen 100 jährigen Rancio) – anscheinend war die Suche nicht intensiv genug

Blick über das Dorf hinweg auf die Felsenwand im Hintergrund

Dann geht’s wieder nach Porrera – dort ist jeden Samstag Vormittag ein lokaler Markt. Viel gibt’s nicht im Angebot – etwas Gewand (leider keine Kappe für Burkhard, die er sich wünschte) und Gemüse.

Kurzer Stopp im Café am Hauptplatz auf eine kleine Erfrischung.

Dann Weiterfahrt via Falset (Burkhard holt sich seine Kappe aus dem Hotel) nach Bellmut del Priorat, einem ehemaligen Bergbauort (Blei, Eisen, Silber, ...), dem man das auch heute ansieht – schaut teilweise etwas trist aus. Auch ein Bergbaumuseum gibt es da, aber das haben wir ausgelassen

Nach einem vergeblichen Versuch, in Bellmunt zu einem Mittagessen zu kommen, fahren wir weiter nach Gratallops.

Auf der Weiterfahrt ein schöner Blick auf eines der Winzerdörfer  im Priorat (es dürfte sich um El Lloar handeln) – die meisten liegen so wie die Orte in der Toskana oben auf den Hügeln, nur wenige wie Porrera in den Tälern

 

 

 

 

In Gratallops versuchen wir vergeblich, im Restaurant „Celler de Gratallops“ zu einem Mittagessen zu kommen – wegen einer größeren Gruppe ausgebucht. Unser Versuch, wenigstens für den Abend zu reservieren, wird mit einem milden Lächeln quittiert – abends ist das Lokal geschlossen. Um wenigstens das Abendessen zu sichern, gehen wir weiter zum Cal Llops, um dort zu reservieren, wo wir ursprünglich ohnehin hin wollten. Auch dort ist eine größere Gruppe angesagt, aber 21:30 ist OK, Mittagessen gibt es aber keines. Wir sind schon leicht frustriert und bekommen dann aber auf Nachfrage noch den Hinweise, dass wir 2 Minuten weiter das Hostal La Font finden, wo wir Mittagessen könnten – und das war ein Volltreffer.

Nach einem Vorraum für die lokale Bevölkerung mit Papier-Tischtüchern und einfachen Gläsern ein heller etwas größerer Speisesaal mit gehobener Tischkultur. Exzellente kalalanische Hausmannskost und eine zwar kleine, aber ausreichende Auswahl an Weinen guter Qualität:

 

2007 Costers del Siurana, Usatges (Blanco – Cuvée aus Garnacha Blanca, Macabeu, Moscatel de Alejandría, Xarel.lo): Saubere sehr ansprechende Nase nach Rhone, nicht zu schwer, gute Säure. Sehr angenehmer köstlicher Weißwein

 

2002 Costers del Siurana, Clos de l´ Obac: Weich, mürb, fast zärtlich - extrem feminin und sehr gut. Spur von Kräuternoten. Wie wir später nachlesen – eine sehr international angehauchte Cuvee mit Grenache und Carignan, aber vor allem auch Cabernet Sauvignon und Merlot

 

Nach dem sehr befriedigenden Mittagessen fahren wir weiter Richtung Norden.

Zuerst geht es weiter nach La Vilella Baixa , dann nach La Vilella Alta

Zwischendurch eine kleine Kostprobe – die rosinenartig aussehenden Weintrauben schmecken auch wie Rosinen

Blick zurück auf Vilella Alta

Dann geht es weiter nach Escaladei zu einem verfallenen ehemaligen Kloster.

Die Lage ist atemberaubend

Einige wenige Teile der alten Anlage sind noch ganz gut erhalten bzw. wurden restauriert

....

... und so schaut der Boden der Weingärten im Priorat überwiegend aus – reiner Schiefer mit kaum Erde dazwischen

Die Strukturierung der Landschaft durch den Weinbau gibt der Landschaft je nach Stand der Sonne einen eigenen Reiz

Zum Schluss ein Abstecher nach Poboleda, einen Dorf mit mittelalterlicher Anmutung (der Versuch, mit Hilfe von Burkhard das störende Auto in dieser netten Gasse zu verbergen, ist leider schief gegangen)

Weingärten am Gegenhang im Sonnenlicht.

 

Auf der Rückfahrt nach Falset machen wir dann wieder einen kleinen Stopp in Porrera beim Café am Hauptplatz – schön langsam sind wir dort bekannt, wir sehen auch immer wieder die gleichen Gesichter, ein paar Leute scheinen dort zu wohnen.

Am Abend geht es dann wieder nach Gratallops ins Cal Llops zum Abendessen. Die Küche ist etwas weniger kreativ als im Reiseführer angekündigt und die Weinkarte ist wenig umfangreich, aber wir finden schon was.

 

2006 Celler Burgos Porta, Mas Sinen Blanc (100% Grenache blanc): etwas schwer und eher unfruchtig. 100% Grenache – interessanter Wein, der perfekt zu Jansons Versuchung passen müsste

 

2005 Celler Burgos Porta, Mas Sinen Negra: Eher einfache etwas junge mit etwas Kalk unterlegte Nase, dezente Frucht, eher weich im Geschmack mit medizinischer Note (schlägt hier wieder der Carignan durch?), sanfter Abgang - wieder eher feminin, aber nicht begeisternd

 

Den bevorzugten Coster des gleichen Weinguts hat es zwar auf der Karte, aber nicht mehr im Weinkeller gegeben. Durch Zufall haben wir aber diesen Wein ohnehin in der Vinothek in Falset schon gekauft.

 

Für Burkhard, der Kurt und mir trotz etwas ungemütlicher Lage des Tischs (quasi im Durchgang etwas im Zug) an diesem Abend verfassungsmäßig deutlich überlegen war und auch einen kleinen Schokokuchen als Dessert nahm, gab es dann auch noch ein Glas von einem lokalen Süßwein.

Schöner Ausklang

 

So 20.9.

Morgenstimmung aus dem Fenster meines Hotelzimmers in Falset – Zeit zum Aufstehen. Nach dem Frühstück geht es dann über die Schnellstrasse zurück zum Flughafen

Aufenthalt in einer Cafeteria in der Abflugshalle – schade, dass es vorbei ist

Gesamteindruck: Hat uns insgesamt sehr gut gefallen, insbesondere die beeindruckende Landschaft und das Lebensgefühl, das die kleinen Winzerdörfer vermitteln. Die Gastronomie ist noch etwas unterentwickelt – die sehr gute Hausmannskost ist nur durch Zufall zu finden und alles was sich bisher „darüber“ angesiedelt hat, bemüht sich zwar, kommt aber nicht recht ins Fliegen. Die Rotweine des Priorat vermitteln einen sehr uneinheitlichen Eindruck – nicht zuletzt deshalb, weil die Rebsortenmixtur von einem Wein zum anderen doch extrem unterschiedlich ist. Die Hauptrebsorte Grenache scheint doch nicht den Stellenwert zu haben, den wir ursprünglich angenommen haben. Die Weißweine scheinen dagegen deutlich interessanter und vermitteln eine hohe Typizität, die deutlich an die Weißweine aus dem Rhonetal erinnert. Die Süßweine scheinen nicht ganz die Bedeutung und Qualität zu haben, die sie wirklich interessant machen würde. Und der Vin Rancio (dürfte von den Aromen und dem Geschmack her etwas an alten Madeira der trocken ausgebauten Sorte Sercial erinnern) ist nur was für „Spezialisten“. Weingüter haben wir aus Zeitgründen und mangels Terminvereinbarungen nicht besucht, das wäre etwas für einen etwaigen zweiten Besuch in Zukunft, denn die dafür sinnvolle Wissensgrundlage hätten wir jetzt gewonnen